Rubberts Mühle: Letzte Gelegenheit für die Diskussion. Wersewehr abreißen oder erhalten?

AHLEN. Sollte das Herz von Heinrich Artmann so sehr am Wersewehr „Rubberts Mühle“ hängen, dann könnte er doch einen Förderverein gründen, rief Bernd Meiwes (SBA) im Betriebsausschuss dem FWG-Chef herüber. „Dann pachten Sie das Teil für 99 Jahre und kümmern sich um die Unterhaltung.“

Mit dem Abriss des Rathauses soll auch das Wehr verschwinden, durch dessen Rückstau die Klimaanlage mit Kühlwasser versorgt wird. So hatte es immer geheißen, und so sollte es der Betriebsausschuss in dieser Woche in seiner Sitzung beschließen. Doch das, was als Beschlussvorlage auf der Tagesordnung stand, lag dem Ausschuss plötzlich nur noch als Mitteilungsvorlage vor. Das votumfreie Durchreichen gibt jetzt einer Diskussion Raum, die Artmann in einem Antrag eingefordert hatte. Denn: Viele Bürger hätten das noch gar nicht mitbekommen ...

Mit dem Rückbau verfolgt die Stadt Ahlen laut Vorlage das Ziel, die ökologische Durchgängigkeit der Werse wiederherzustellen, den Hochwasserschutz zu verbessern, langfristige Instandhaltungskosten zu vermeiden und das Stadtbild sowie die Aufenthaltsqualität im Bereich der Werse nachhaltig aufzuwerten.

Während der jüngsten Starkregenereignisse sei schnell ersichtlich gewesen, dass das Stauwehr ein Nadelöhr darstelle, heißt es. Immer wieder sei es zu Problemen gekommen. Die seien auf die Flussregulierung durch das Querbauwerk zurückzuführen. Die Renaturierungsmaßnahmen zwischen Beckum und Ahlen nach dem Jahrhunderthochwasser 2001 hätten dem Fluss genügend Retentionsräume gegeben, die sich über die Jahre bewährt hätten. Die Stauanlage verhindere allerdings einen ungehinderten Abfluss. Durch einen Rückbau würde der Hochwasserschutz optimiert, durch eine natürliche Gewässerregulierung das Überschwemmungsrisiko stark reduziert.

Ein anderes Problem sieht die Stadt Ahlen im Bauzustand. Der technische Kern stamme aus dem Jahr 1955. Aufwendige Sanierungsarbeiten seien erforderlich, um das Wehr langfristig betreiben zu können. Notwendig sei unter anderem der Austausch der Stautafeln. Die Werse wäre dann für mehrere Monate ohne Wehr. Die Tafeln müssten via Schwertransporter zu einer Fachfirma transportiert werden. Das lasse Kosten in einem mittleren sechsstelligen Bereich erwarten. Des Weiteren müssten alle Antriebe, Spindeln und Führungsschienen ebenfalls erneuert werden. Sogar ein Neubau sei nicht auszuschließen.

Fördermöglichkeiten sieht die Stadt Ahlen bei einem Rückbau und der Renaturierung der Werse, wie sie auch in Höhe des Stadtparks erfolgt sei, wie AUB-Leiter Dennis Hadrika erklärte. Die Werse könnte sich dort aus einem scheinbar stehenden Gewässer in ein natürliches Fließgewässer zurückverwandeln. Durch natürliche Entwicklung des Gewässers würde es zu einem Anstieg der Artenvielfalt kommen, was einen ökologischen Gewinn für die Werse darstelle, so Hadrika. Durch das Wiederherstellen des natürlichen Fließverhaltens würde das Erwärmen der Werse in den Sommermonaten verhindert. Neben der Wasserqualität profitiere auch das Erscheinungsbild. Das schaffe neue Lebensqualität. 80 Prozent der Maßnahme könnten gefördert, die 20 Prozent Eigenanteil in Ökopunkte umgewandelt werden, so Hadrika.

Heinrich Artmann vermisste die Historie. Das Wehr sei seit über 800 Jahren stadtbildprägend. Die große Wasserfläche sei zudem gut fürs Klima. Im Sommer bliebe sonst nur noch ein Rinnsal, das rieche.

Norbert Schwemmer (SPD) setzte den Hochwasserschutz, wie in der Vorlage beschrieben, hoch. Dieter Bröer (Grüne) fühlte zwei Herzen in seiner Brust schlagen: „Irgendwie gehört das Wehr zum Stadtbild.“ Es gebe tolle kleine Wasserkraftwerke, die man dahinterschalten könnte.

Heinrich Artmann lokalisierte die Hochwassergefahr nicht am Bauwerk, sondern am Hochwasserschutz, der nicht richtig greife. Das Rückhaltebecken an der Alten Beckumer Straße sei bei den letzten Starkregenereignissen nur zu 25 Prozent gefüllt gewesen.

Ausschussvorsitzender Thomas Kozler (SPD) sah die weitere Diskussion im Stadtplanungs- und Bauausschuss mit der finalen Entscheidung im Rat.