Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Gericke,
als Fraktionsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft Ahlen e.V. im Rat der Stadt Ahlen bitte ich Sie in Ihrer Funktion als Kommunalaufsichtsbehörde um Prüfung der Rechtmäßigkeit und haushaltsrechtlichen Tragweite des vom Rat am 03.07.2025 beschlossenen Nutzungs- und Überlassungsvertrags mit demTrägerverein Schulland-heim Winterberg e.V. betreffend das Schullandheim in Winterberg.
Im Rahmen des Vertrags wurde dem Verein die Trägerschaft und der Betrieb der Einrichtung für weitere zehn Jahre und drei Monate (bis 31.12.2035) übertragen. Die Stadt Ahlen verpflichtet sich in § 3 Abs. 5 des Vertrags zur Durchführung folgender baulicher Maßnahmen, die als „vordringlich“ und in der ersten Hälfte der Vertragslaufzeit umzusetzen bezeichnet werden:
1. Sanierung von Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Haupteingangs
2. Austausch der Heizungsanlage
3. Erneuerung des Eternitdaches einschließlich PV-Anlage (Anbau)
Diese Investitionszusagen sind vertraglich verbindlich formuliert. Eine gesonderte haushaltswirksame Vorlage mit Finanzierungsplan, Verpflichtungsermächtigung oder mittelfristiger Investitionsplanung wurde im Rahmen der Beschlussfassung jedoch nicht vorgelegt. Gleiches gilt für einen politischen Beschluss zu konkreten Kosten oder Ausführungszeitraum der Maßnahmen.
Aus Sicht der Freien Wählergemeinschaft ist dieses Verfahren nicht mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen kommunalen Finanzwirtschaft (§§ 75 ff. GO NRW, GemHVO NRW) in Einklang zu bringen. Mit dem Vertrag wurde eine finanziell langfristig bindende Verpflichtung eingegangen, ohne dass der Rat im Vorfeld hinreichend über die finanziellen Auswirkungen und Risiken beraten oder Beschluss über konkrete Haushalts-mittel gefasst hätte.
Die genannten Maßnahmen stellen aus unserer Sicht nur einen ersten Sanierungsschritt dar. Trotz dieser Verbesserungen wird das Schullandheim aus Sicht der FWG Ahlen weiterhin nicht konkurrenzfähig gegenüber modernen Jugendherbergen oder Hostels sein. Es fehlen eine angemessene Ausstattung, wirtschaftliche Betriebsführung und zeitgemäße Rahmenbedingungen. Insofern handelt es sich aus unserer Sicht um einen dauerhaften Zuschussbetrieb ohne tragfähige Perspektive. Mit dem vorliegenden Vertrag wird jedoch der Eindruck erweckt, als könne das Heim durch die Investitionen dauerhaft wirtschaftlich geführt werden. Diese Einschätzung halten wir für realitätsfern.
Vor diesem Hintergrund ersuchen wir Sie als Kommunalaufsicht um eine rechtliche Bewertung des folgenden Sachverhalts:
1. Ist die Stadt Ahlen befugt, durch den bloßen Vertragsabschluss Investitions-verpflichtungen in erheblicher Höhe für mehrere Haushaltsjahre einzugehen, ohne dass hierfür eine gesonderte haushaltswirksame Vorlage oder ein Ratsbeschluss zur Finanzierung vorliegt?
2. Ist dieses Vorgehen mit den Grundsätzen von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und einer nachhaltigen Haushaltsführung (§ 75 GO NRW) vereinbar – insbesondere vor dem Hintergrund der freiwilligen Haushaltskonsolidierung der Stadt Ahlen?
3. Ist aus Sicht der Kommunalaufsicht eine Ergänzung oder Korrektur desRatsbeschlusses erforderlich, um die rechts- und haushaltsmäßige Grundlage für diese Verpflichtungen herzustellen?
Ich bitte um schriftliche Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu den oben genannten Punkten. Gerne stehe ich für weitere Erläuterungen oder Unterlagen zur Verfügung.
Sinn und Zweck der Übergabe des Schullandheims an den Trägerverein war es ursprünglich, die städtischen Zuschüsse dauerhaft abzusenken und perspektiv-isch vollständig zu beenden. Dieses Ziel erwies sich jedoch bereits in den vergangenen Jahren als nicht durchsetzbar. Vielmehr ist erkennbar, dass der städtische Zuschussbedarf nichtnur fortbesteht, sondern sich durch vertraglich fixierte Investitionen und Betriebskostenzuschüsse weiter verstetigt.
Ich bin mir der Tragweite meines Anliegens bewusst. Mein Ziel ist es nicht, die Arbeit des Trägervereins zu diskreditieren. Vielmehr geht es darum, sicherzustellen, dass die Stadt Ahlen keine langfristigen finanziellen Verpflichtungen eingeht, die sich angesichts der strukturellen Mängel des Schullandheims und der angespannten Haushaltslage weder wirtschaftlich noch haushaltsrechtlich verantworten lassen. Eine kommunal- aufsichtliche Prüfung erscheint daher im Sinne der Stadt und ihrer Handlungsfähigkeit geboten.
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Artmann